Pablo Hess | 30. September 2021
Seit ich mich intensiv mit dem Mann-Sein beschäftige, stelle ich mir selber und auch in MännerKreisen immer wieder die Frage:
Was ist den nun ein richtiger Mann? Was zeichnet ihn aus und was unterscheidet ihn z.B. von einem Mann der 90iger Jahre oder der 30iger Jahre?
Durch diese Frage werde ich automatisch mit meinen persönlichen und den gesellschaftlichen Konditionierungen konfrontiert. Was oder Wer bestimmt den, was richtig oder falsch ist, was erlaubt oder verboten ist, was akzeptiert oder verpönt ist? Schon hier trennt sich die individuelle Sicht von der gesellschaftlichen. Was für mich gilt, muss noch lange nicht gesellschaftlich anerkannt sein. Dennoch bewege ich mich als Individuum in der Gemeinschaft anderer Menschen. Wie viel Individualismus oder eben Authentizität ist denn nun Gesellschaftsverträglich?
Hier hat sich die letzten Jahrzehnte sehr viel verändert. Wissen und Bewusstsein hat sich erweitert. So sagt Bruce Lipton[1] z.B. dass wir zu über 90% fremdbestimmt sind und unser Verhalten, Entscheiden, Reaktionen und Bewerten aufgrund fremder Vorgaben (Kultur, Religion, Familie, Ausbildung) getroffen werden. Das ist ganz schön viel.
Ist es denn überhaupt sinnvoll oder gar verträglich, deutlich mehr Selbstbestimmung, bewusste eigene Entscheidungen, eigene Werte und Verhalten zu entwickeln? Für das Individuum bestimmt erstrebenswert, für die Gemeinschaft auf jeden Fall eine Herausforderung. An dieser Stelle kommen wir zur Frage des gesellschaftlichen Bewusstseins oder Entwicklungsstandes. So kann in China und vielen andern östlichen Länder ganz selbstverständlich das WIR die oberste Orientierung sein, während in vielen westlichen Ländern das ICH über dem WIR steht und sich auch entsprechend ausdrückt (im politischen System, in der Wirtschaftsstruktur und im Gesellschaftsleben).
Beide Konzepte weisen unbestrittene Mängel auf, das eine die Unterdrückung der eigenen Kreativität und Freiheit, das andere die Unterdrückung oder Manipulation eines Teils der Gesellschaft. Eine Weiterentwicklung finden wir im integralen Bewusstsein[2]. Hier werden vermeintliche Gegensätze verbunden um einen grösstmöglichen gemeinsamen Nenner aus den beiden Polen zu erschliessen anstatt sich im geringsten Kompromiss zu treffen oder sich im Kampf und in Konkurrenz aufzureiben.
Kann nun das Bild eines authentisch integralen Mannes Orientierung oder gar Vorbild sein für Deine Entwicklung? Wie würde sich Dein Leben verändern? Wie würde sich die Welt verändern, die Politik, die Wirtschaft, die Medizin, die Religionen, die Kultur? Um solche Gedanken überhaupt machen zu können, muss ich bereits von der oben erwähnten, 90%igen Fremdbestimmung ablassen und mir eigene Visionen erlauben.
Im Alltag und in der Praxis erlebe ich immer wieder eine grosse Unfreiheit, eigene Visionen, Wünsche und auch Utopien überhaupt denken, geschweige denn aussprechen zu dürfen. Genau hier sehe ich eine grossartige Chance in der Entwicklung der Menschheit, sowohl individuelle Fähigkeiten ins Kollektiv einzubringen und sich dennoch als Teil eines grösseren Ökosystems zu verstehen und entsprechend zu verhalten. Wenn hier ein «entweder – oder» durch ein «sowohl – als auch» ersetzt werden kann, entstehen Verbindungen wo früher Trennungen unabdingbar waren.
Wie sieht den eine Gesellschaft aus, in der Männer (ich schliesse hier selbstverständlich die Frauen nicht aus) ihre individuelle Genialität in die Gemeinschaft der Menschen, Tiere und Lebewesen auf der Erde einbringen und gemeinsam an einer kulturellen R-Evolution arbeiten, die es bis jetzt nicht gegeben hat, die wir uns bis jetzt nicht vorstellen konnten.
Was heisst das ganz konkret zur Frage der Klimaerwärmung? Wenn wir nicht mehr Parteien von Interessenvertretern sind, sondern gemeinsam eine enkeltaugliche, gesunde Welt erschaffen. In so einer Welt gibt es nicht mehr Individualinteressen die über dem Gemeinwohl stehen. Dafür braucht es die Fähigkeit und das Wissen ALLER um dies zu erreichen.
Was heisst das ganz konkret zur Frage der Corona-Krise? Schaffen wir es, eine unabhängige Wissenschaft einzuberufen, die zum Wohle ALLER forscht, Politiker in Ämter wählen die wieder dem Volk und nicht eigenen oder fremden Interessen dienen, eine Medizin die nicht für den wirtschaftlichen Nutzen weniger, sondern die Gesundheit allen Lebens arbeitet?
Was für eine wundersame Welt – in dieser Welt will ich leben und all meine Fähigkeiten einbringen um diese Vision wahr werden zu lassen.
Was sind Deine Gedanken zur Entwicklung des Mannes in dieser Welt? Was ist Deine Vision? Wo ist Dein Platz in dieser Welt?
Mit visionären Grüssen und in Verbindung mit allem was ist
Pablo
[1] US-amerikanischer Entwicklungsbiologe und Stammzellforscher
[2] umfassend beschrieben von Sri Aurobindo, Jean Gebser, Johannes Heinrichs, Ken Wilber und deren Schüler.
Mehr darüber: https://integrale-politik.ch/wp-content/uploads/2019/03/bewusstsein.pdf