Claude Weill, Das ganze Spektrum. Betrachtungen über die Liebe – ein Essay
Buchrezension von Hannes Hochuli
Ein weiteres Buch über die Liebe? Wie Journalist und Autor Claude Weill im Vorwort selbst feststellt, gibt es dazu bereits Millionen von Beiträgen auf dieser Welt. Weill lässt sich davon nicht beirren und greift trotzdem in die Tasten. Und das ist gut so. Das sehr persönlich verfasste Buch fand genau im richtigen Moment zu mir: Ein verschneiter Wintertag, Feuer im Ofen sowie Zeit und Lust zum Lesen. Gleich vorneweg: Ich habe die 58 Seiten in einem Schnuuz gelesen.
Der heute 72-jährige Weill bietet in seiner Lebensgeschichte verpackt, einen sehr persönlichen Überblick über die verschiedenen Formen und Arten der Liebe, vom Kindesalter bis zum Senior. Dabei schreibt er gut leserlich, geradlinig und so kurzweilig, dass man nicht abhängt. Sein Essay ist für mich mit meinen 55 Jahren ein guter Barometer, um mal selbst und genau so ehrlich wie Weill, für mich zu resümieren und hinzuschauen, wo ich eigentlich stehe mit meinem Liebesleben? Dabei deckt das Buch viele Liebes-Formen ab: Von der kindlichen Liebe über die ewige Liebe, die Herzensliebe, Liebe unter Freunden, Liebe mit Seelenverwandten, Liebeserfahrungen unter psychodelischem Einfluss, Vaterliebe, tantrische Liebe, lieben was man tut usw. Diese Vielfalt zeigt auf, wie divers und auch wandelbar Liebe ist. Erlebe ich mein Liebesleben ebenso vielfältig wie Weill? Wo stockt es bei mir? Wo gibt es Spielräume? Welche Liebe wünsche ich mir, noch zu entdecken und zu erleben?
Männer und die Liebesfragen
Auf mehreren Seiten schreibt Weill über seine Männerfreundschaften, die unterschiedlichen Qualitäten der Begegnungen und Gefühle, die er zu den verschiedenen Männern erlebt und hat. «Bis vierzig tat ich mich mit Männerfreundschaften schwer. … Ich brauchte lange, um zu erkennen, dass Mann bei Mann in vielen Belangen besser aufgehoben ist, als bei einem weiblichen Gegenüber.» Er erzählt über die Unterschiede seiner Beziehungen zu seinen drei engsten Freunden, mit denen er über längere Zeit unterwegs war und ist.
Ich begegne beim Lesen – ohne Claude persönlich näher zu kennen – einem Mann, der vielleicht auch wegen seinen jüdischen Wurzeln und dem frühen Verlust seines Vaters zum Lebens- und Liebesforscher wurde: «Das Sehnen nach einem menschlichen Gegenüber, in meinem Fall einer Frau, die mich gänzlich annimmt, mich vorbehaltlos liebt – Partnerin, Geliebte und Mutter zugleich: Diese Sehnsucht begleitet mich bis heute. Auch wenn mir längst bewusst ist, dass ich der grössten Illusion erliege, die sich ein Mann in meinem Alter machen kann». Also auch einer, der erst im fortgeschrittenen Alter merkt, dass es die grosse Aufgabe ist, über seine eigene Selbstliebe liebesfähig zu werden. In wenigen Sätzen gibt Weill dazu Ideen, wie er Selbstliebe praktiziert, um mehr und mehr «das Leben» zu lieben. Der Abschnitt «An der Liebe scheitern dürfen» endet mit der Einsicht: «Dabei wäre doch gerade die Akzeptanz, an der Liebe scheitern zu dürfen, ein Zeichen liebevoller Zuwendungen zu sich selbst». Wie wahr.
Lese-Tipp vom Schreiber: Weill zitiert verschiedene Liebeslieder in verschiedenen Stilrichtungen, die in seinem Liebesleben eine Rolle gespielt hatten. Ich habe während dem Lesen die Titel online gesucht und abgespielt. Das gab mir das besondere Gefühl, noch etwas näher beim Autor und seinen Liebesgeschichten zu sein, die so auch etwas mit mir zu tun bekamen.
Das Buch direkt beim Autor kaufen unter info@weillbalance.ch, Preis CHF 15.00 plus Versandkosten
Lieferungen nur in der Schweiz, über BoD
https://www.bod.ch/buchshop/das-ganze-spektrum-claude-weill-9783907147276
Im Buchhandel: ISBN 978-3-907147-27-6
Verlag: Publishing Partners, Biel 2022
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