Peter Oberhänsli | 17.04.2023
Draussen stürmt, windet und regnet es. Ich bin Teilnehmer eines wunderbaren Retreats in Deutschland.
Wir sitzen zu dritt bei einander, sind tief ergriffen, unsere Hände halten sich.
Jeder für sich und doch zusammen, fühlt den Schmerz, die Erinnerung, die Erkenntnis.
"Ich merke, dass ich mit meinem Sohn genau dasselbe mache, was ich bei meinen Eltern gehasst habe.
Dieselben Fehler, dieselben Verletzungen, dieselben Taten" sagt sie und schaut uns durch einen Tränenschleicher in den Augen an.
Und wie wenn ich in den Spiegel blicke, erkenne auch ich mich in ihren Worten wieder.
Auch ich tue das.
Genau dasselbe.
Nein, das stimmt nicht.
Nicht genau dasselbe.
Ich tue es weniger.
Und doch tue ich es.
Und das macht mich traurig.
Und gleichzeitig freudig.
Denn ich trage diesen Berg ab, den meine Ahnen angehäuft haben.
Genau wie sie es vor mir getan haben.
Es wird weniger.
Unsere Generation hat die unglaubliche Möglichkeit, den Segen, die Chance, den Luxus, sich so fest mit sich selbst auseinander zu setzen, dass wir endlich nach Generationen der Anhäufung von Verletzungen und Schmerz, diesen noch mehr abbauen können.
Einst habe ich meine Eltern für ihr Tun, ihr Sein verurteilt.
Ihr seid schuld, habt nicht genug getan!
Und ich vermute, dass meine Kinder mir einst genau so entgegen treten werden.
Nun, ich bin älter geworden, habe meine Erfahrungen gesammelt, bin vielleicht etwas weiser geworden.
Und habe aufgehört meine Eltern zu verurteilen.
Sie haben genau das getan, was ihnen möglich war, das was sie konnten.
SIE HABEN IHR BESTES GEGEBEN.
Und dafür bin ich ihnen von Herzen dankbar.
Und während ich das hier schreibe, berührt mich diese Erkenntnis einmal mehr und ich weine Tränen der Liebe und der der Vergebung.
Und wenn ich wieder einmal an mir zweifle, ob ich ein guter Vater bin, ob das was ich tue genug ist, dann finde ich Trost in den Worten:
Ich gebe mein Bestes.
Und meine Kinder haben mich gewählt.
Das ermöglicht es mir, in der Liebe und in der Verbindung zu bleiben.
Und das ist es worum es geht.
Auch mir selbst zu vergeben.
Und auf Vergebung zu hoffen, wenn es denn eines Tages soweit ist.
Und so sitzen wir zu dritt an diesem Tisch, schauen uns in die Augen, wir Söhne und Töchter, wir Väter und Mütter.
Im Wissen, dass es uns allen gleich geht.
Und das es um Liebe, Vergebung und Verbindung geht im Leben.