Mai 26

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Der Hochsensible Mann (HSM) – zwischen „Warmduscher“ und „empathischem Künstler“


Thomas Rüedi | 26.05.2024

Es war kurz vor der Corona-Pandemie, da traf mich fast aus heiterem Himmel die volle Erkenntnis – eine Erkenntnis, deren konkrete Erforschung erst vor 20 Jahren ernsthaft begonnen hatte – und Gewissheit, dass es neben sog. „normal-sensiblen“ auch sog. „hochsensible oder -sensitive“ Menschen gibt … und damit die Erkenntnis und Gewissheit, dass ich seit meiner Geburt auch einer von ihnen bin … ich war damals überrascht und doch war da auch etwas in mir gleichzeitig spontan erleichtert, spontan sich selbst erkennend und ich konnte etwas in mir plötzlich an einem sinnvollen Ort einordnen.

Meine anschliessende Auseinandersetzung mit Erfahrungen und der Forschung ausgehend von Dr. Elaine Aron und weiteren Personen rund um diese Thematik zeigen, dass ca. 15–20 % von uns Männern sog. „hochsensitive Männer (HSM)“ sind (man geht heute davon aus, dass es einen gleich hohen Anteil hoch-sensitive Frauen und auch viele Tierarten gibt) … also jeder 5. von uns Männern ist hochsensibel !

„Hochsensible“ oder „Hochsensitive“ haben, so lerne ich und erkenne ich mich selbst, v.a. genetisch und auch durch erlernte Verhaltensweisen ein sehr viel sensibleres „Nervenkostüm“ als die sog. Normalen – die „Normalo’s“; sie sind dabei nicht etwa krank, sondern haben als angeborenes Charaktermerkmal (im englischen „trait“) ein anderes, sehr „fein-getaktetes“ Nervensystem, fühlen sich oft unmännlich und nicht „normal“; so haben sie beispielsweise eine sehr differenzierte und tiefgründige Wahrnehmung, verarbeiten Eindrücke langsamer, sind schnell von ihrer Umgebung überflutet und hören manchmal „das Gras wachsen“ – es gibt viele Formen und Mischformen davon: Hören, Riechen, „Hell-Fühlen“, hochdifferenziertes Denken etc.

… endlich wusste ich damals, wieso ein wesentlicher Teil in mir so tickt … !

Was die Sache nun wirklich problematisch macht, ist, dass hochsensible Männer  überproportional oft – so lerne ich weiter – verächtlich als Softies oder sog. „Warmduscher“ bezeichnet und verspottet werden. Bei den Frauen oder auch in asiatischen Ländern wird Sensibilität sehr viel mehr als etwas Positives akzeptiert und auch wertgeschätzt.

Diese Tatsache macht aber diesen Männern das Mann-sein hierzulande äusserst schwierig. Diese Buben, Jugendlichen und Männer fühlen sich oft als „E.T.s“, und werden wegen ihrer Eigenheit durch sich selbst aus eigener Not und oft von den Eltern, den Lehrern und dann im Berufsleben in Unkenntnis davon in einen sog. „normalen Lebensstil“ gedrängt und vergewaltigt, in ihrer Eigenart unterdrückt und gemobbt. Ja, da könnte ich viele schmerzhafte „Müsterchen“ davon erzählen …

So bin ich froh, dass speziell von meiner Mutter her, die auch Hochsensibel war (✝︎) viel Platz war für Kreatives, Spezielles, Musisches und ich konnte – abgesehen davon, dass mein Vater als „Normalo“ mich in Unkenntnis davon wenig gefördert hat – zumindest einen Teil davon als Bube, Jugendlicher und junger Erwachsener z.B. auch in der Pfadibewegung ausleben.

Mir wurde in den darauf folgenden Jahren klar, dass diese Erkenntnis die ganze Männerarbeit noch einmal in ein neues, anderes Licht rückt: es gilt nun nämlich diesen beiden „Grundtypen“ von Männern in der Männerarbeit Rechnung zu tragen: so sollen einerseits die sog. Normal-Sensiblen („Normalos“) ihre weicheren, empfänglicheren Seiten entdecken und andererseits die „hochsensiblen Männer“ z.B. lernen, Grenzen zu setzen, einen Standpunkt erfolgreich zu vertreten und ihre härteren Seiten zu kultivieren – und das notabene, ohne dass die Grundprägung des jeweiligen Typs verlassen, unterdrückt oder abgelehnt werden muss.

Gerade wenn es um die tiefe Arbeit mit den ungesunden Polaritäten des Mann-seins geht – Macho versus Molluske – dann ist die Erkenntnis essenziell, dass es neben den erlernten und hormonell-biologisch bedingten Faktoren auch noch diesen speziellen anderen Typ des Mannes gibt und wohl schon immer gegeben hat – den hochsensiblen Mann.

Ich habe mich aus dieser Motivation heraus schon länger darauf eingestellt, was ich natürlich auch in mein Buch (siehe unten) aufgenommen habe, auch hochsensible Männer mit meinem Angebot in der Männerarbeit – sozusagen als von mir gelebte „Hausspezialität“ – zu unterstützen.

Buchempfehlungen (Auswahl):

  • Oliver Domröse; „Der sanfte Krieger – ein Mutgeber für hochsensible Männer; ISBN 978-3741871818
  • Tom Falkenstein; „Hochsensible Männer – mit Feingefühl zur eigenen Stärke; Junfermann Verlag 2017; ISBN 978-3-95571-493-2
  • Thomas Rüedi; „Ganz und Gar Mann Sein – Eine elementare Reise ins Mann-sein – auch für hochsensible Männer“; Verlagslabel: Swiss Holistic Institute 2023 (Update); ISBN Taschenbuch: 978-3-347-01005-5; ISBN Hardcover: 978-3-347-01006-2; ISBN e-Book: 978-3-347-01007-9

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