Philipp Benedetti | 28.06.2024
Mein Lingam (Penis) wurde mit einer Klinge verstümmelt. Dies ist die Geschichte des grössten Fehlers den ich je gemacht habe. Dies ist eine Abrechnung mit der Schulmedizin und zugleich eine Danksagung an das Leben selbst. Es ist das persönlichste, was ich je öffentlich geteilt habe. Dies ist meine Geschichte:
Aus Verdacht auf eine Herpesinfektion liess ich meinen Lingam beschneiden, das heisst, meine Vorhaut wurde entfernt. Aus der „kleinen Sache“ wurde eine grosse Sache. Heute spüre ich praktisch nichts mehr am zuvor sensibelsten Punkt meiner Eichel, dem Frenulum. Mein geliebter Lingam wurde taub!
Doch lasst mich von vorne beginnen. Wegen einer Infektion an meiner Vorhaut suchte ich letztes Jahr, (2023), einen Urologen auf. Ich war im ersten Moment überrascht von seinem Vorschlag: „Das schneiden wir ab“. Doch es klang alles einfach und unkompliziert: „Das ist eine kleine Sache. Sie kommen ambulant ins Spital, dreissig Minuten und fertig. Danach gehen Sie am selben Tag wieder nach Hause.“ Ein Standardeingriff also, der Herpes zuverlässig beseitigt und erst noch hygienische Vorteile hat. Und so sagte ich zu. Völlig blind für meinen Lingam. Nicht in Verbindung mit meinem gesunden Selbstwertgefühl. Geblendet vom Blingbling des Systems.
Ich kann es mir heute nicht mehr erklären, und was dann geschah war die reinste Hölle. Die Operation fand am 29. Januar 2024 statt. Ich verbrachte 7h im Spital. Als ich aufwachte aus der Vollnarkose, fühlte ich mich prima. Doch als ich pinkeln wollte ging es nicht. Mein Lingam war so angeschwollen, dass da kein Urin durchkam. Dank den Betäubungsmitteln nahm ich es mit Humor, als man mir einen Schlauch von vorne durch die Harnröhre bis in die Blase hoch schob. Mit diesem Katheter verliess ich das Spital und fuhr nach Hause. Ich war high von der Nachwirkung der Narkose.
Doch mitten in der ersten Nacht liess diese Wirkung nach. Es begann fürchterlich zu schmerzen. Meine Penishaut war frisch an die Eichel angenäht, und ich hatte keine Schmerzmittel. Man hatte mir in der Papiertüte nur Kamillosan mitgegeben. Ich hatte noch nie solche Schmerzen. Ich lag schwerverletzt im Bett und harrte bis zum Morgen aus. Am nächsten Tag kriegte ich Schmerzmittel von einem Nachbarn. Ich ass Packweise von dem Zeug in den ersten Tagen und Wochen. Vorher hatte ich in meinem ganzen Leben nur ein einziges Mal eine einzige Schmerztablette genommen. Auch mit den Schmerzmitteln war der Schmerz kaum auszuhalten.
Erst dachte ich, ich könne nach drei Tagen wieder arbeiten. Doch dann lag ich drei Wochen als Vollinvalider im Bett und jeder Tropfen Pipi bereitete Qualen. In dieser Zeit lernte ich viel. Über mich, meinen Körper und über das Leben selbst. Ich wurde mit tiefen Erkenntnissen beglückt und ein Licht in meinem Inneren wurde immer heller. Ein Feuer wurde entfacht aus der Glut die nie ganz erlischt solange wir sind: Ich wollte leben! Mehr als je zuvor. Auch wenn es mir nie mehr möglich sein sollte, normal (schmerzfrei und in weniger als 20min) zu pinkeln. Auch wenn ich nie mehr Sex haben konnte. Das hatte eine enorme Kraft!
Ich suchte wegen meiner Beschwerden und Ängsten Hilfe, doch der operierende Arzt war nicht mehr erreichbar. Ich konnte nur mit seiner Sekretärin reden, die offensichtlich keinen blassen Schimmer vom männlichen Sexualorgan hatte. Der Arzt liess, nachdem ich im Bilder meines Lingams geschickt hatte, ausrichten, dass alles in Ordnung sei. Nun, für mich war es keinesfalls in Ordnung. Auf die Frage, wieso die Operation so lange gedauert hat, hat er nie geantwortet.
Ich fühlte mich von diesem sogenannten „Gesundheits“wesen verraten, ignoriert, misshandelt und schwer verletzt in eine Ecke geschmissen, weil der Herr ja bereits die nächsten Vorhäute abritzte. Auch die Nachkontrollen in einem andern Spital waren läppisch und unnötig grob durchgeführt. So hatte ich grosses Glück dass eine Freundin und Kundin Lympdrainagetherapeutin ist, und mir empfahl, die nun verheilten Narben mit einer Narbensalbe zu massieren. Das hat mir im Spital niemand gesagt. Und das tue ich seither 2x täglich, also seit über 14 Wochen! Die Narben sind immer noch hart.
Doch viel schlimmer ist, dass ich kaum noch etwas spüre mit der Eichel. Dazu muss ich sagen, dass ich vor der Operation extrem „gspürig“ war in der Penisspitze. Ich habe mit meiner Königin stundenlang Liebe gemacht, mit wenig Bewegung, dafür in maximaler Erregung und Verbundenheit. Der Zugang zu diesem heiligen Raum, den nur wenige auf diese Weise betreten haben, ist nun blockiert. Vorher erspürte ich jede kleine Regung in der Yoni, heute nicht mal mehr, ob ich schon drin bin oder nicht. In Zahlen ausgedrückt würde ich sagen, ich spüre vier Monate nach der Operation etwa 20% von dem was vorher war. Deshalb war der Begriff „verstümmelt“ wohl kaum übertrieben.
Ich habe mich inzwischen mit verschiedenen Männern über die Sensibilität ihrer Eichel unterhalten. Mit beschnittenen und unbeschnittenen. Und es fiel mir wie Schuppen von den Augen: Die beschnittenen Männer, die bereits in der Kindheit operiert wurden, kennen das Frenulum nicht als erogene Zone, sondern eher als unangenehm reagierend auf Berührung. Die unbeschnittenen Männer bestätigten mir, was ich bereits wusste: Das Frenulum ist ihr Zentrum der Lust. Auch entsprechende Erfahrungsberichte von Männern die im Erwachsenenalter beschnitten wurden, untermauern meine Einschätzung.
Man verurteilt gerne, und da schliesse ich mich natürlich an, die Beschneidung afrikanischer Mädchen, speziell wenn dabei die Klitoris entfernt wird. Doch genau das passiert bei der Beschneidung der „Jungs“ hier im Westen. Es wird ihnen, wenn sie beschnitten werden, das männliche Pendant zur Klitoris entfernt. Was übrig bleibt ist der Rest der Eichel, was wohl vergleichbar ist mit dem verborgenen und weniger spürbaren/sichtbaren Teil der weiblichen Klitoris, dem Klitorisschaft.
Hier wird, vielleicht systematisch, in gewissen Ländern standardmässig, die sexuelle Empfindsamkeit massiv reduziert, was zu härterem Sex und weniger Verbindung führt.
WENN DIE ÄRZTE UND UROLOGEN DAS NICHT WISSEN, IST DAS SKANDALÖS! WENN SIE ES ABER WISSEN, UND TROTZDEM TUN, IST ES ABSCHEULICH!
Dieser Verlust ist die härteste Prüfung, die ich mir je selber eingebrockt habe. Und gleichzeitig ist diese Situation mein grösster Lehrer: Noch nie habe ich in so kurzer Zeit so viel begriffen, geheilt und integriert. Noch nie mich Selbst und Andere so stark geliebt. Mich noch nie so viele Stunden pro Tag um meine Gesundheit gekümmert. Ich konnte soviel Licht und Klarheit ernten. Nahm meinen Platz im Leben ein. Kam in die Verantwortung. Ich heiratete in dieser Zeit. Ich kam in meine innere Kraft. Das ist es, und dafür bin ich dankbar. Dem Leben dankbar für diese Lektion. Mir selbst dankbar, dass ich keine Opferhaltung einnahm. Anscheinend brauchte ich die harte Tour.
Der Preis war und ist enorm hoch. Ich muss wieder lernen, Liebe zu machen. Das ist manchmal frustrierend. Ich gebe mir den Raum, die aufkommenden Gefühle wirklich zu durchfühlen. Es kommt Wut auf, Hass gegenüber dem operierenden Arzt, dann Ohnmacht, dann Trauer. Nachdem die Tränen fliessen, finde ich wieder die Balance. Denn sie wissen nicht, was sie tun. Sie wissen es vielleicht wirklich nicht, und alles was zählt ist der Profit. Ich verfluche die Schulmedizin. Ich verfluche meinen Leichtsinn.
Und ich preise das Leben für seine Wege, mich zu lehren und zu entwickeln, in dieser krankenden Welt mein eigenes inneres Licht und absolute Klarheit wiederzufinden. Zu wissen, wer Freund und wer Feind ist. Egal was sie noch mit uns vor haben, ich stehe voll und ganz, grenzenlos und kompromisslos auf der menschlichen Seite. Ich werde mich und meine Brüder und Schwestern niemals verraten. Auch in Zukunft niemals eine Maske anziehen. Ich bin stolz auf meinen Weg und danke allen, die mich unterstützen. Ich bin wunderbar geführt in dieser grossen Choreografie. Mein grösster Dank geht an Samantha, die mit mir zusammen die Konsequenzen trägt. Ich danke dir Amore. AHO
Es tut mir leid, dass erst Philipp seine traurige Geschichte mich dazu bringt, offen über meine Vorhaut zu sprechen.
Gerne möchte ich mich dafür einsetzen, dass möglichst viele Männer stolz zu ihrer Vorhaut stehen können. Bis vor einigen Jahren war auch für mich meine Vorhaut bloss ein natürliches Anhängsel. Seit ich diese aktiv in meine Sexualität einbezogen habe, hat sich für mich vieles positiv verändert. Ich erlebe ungeahnt intensive Orgasmen sowohl beim Spiel mit mir selbst als auch beim Sex mit meiner Frau.
Da gibt es für sich als Mann viel mehr zu entdecken als das Vorhautbändchen.
Es ist genau dieses handflächengrosse, höchst erogene Stück (Vor-) Hautoberfläche, dass aus einer Latte ein empfindsamstes Präzisionsinstrument macht.
Wieso sprechen und schreiben wir Männer mit Vorhaut nicht darüber?! Klar, es ist viel intimer und persönlicher, als wenn Beschneidungsbefürworter mit Hygiene und Ästhetik argumentieren. Aber es lohnt sich!
Ich für meinen Teil fange jetzt damit an.
@Philipp: Deine Erzählung berührt mich sehr. Merci für Deine Offenheit! Gute Genesung auf allen Ebenen!
Danke Philipp
für deinen berührenden und auch erschütternden Bericht. Die Verstümmelung durch Beschneidung der Frau war mir bekannt, dass aber auch Männer auf diese Weise tief verletzt werden, war mir nicht bewusst.
Mögen solche mutigen Berichte unser Bewusstsein wecken für all die destruktiven Praktiken, die wir mit unserem Körper (und unserer Seele) anstellen.