Stefan Wolff | 31.10.2024
Schon seit längerem mag ich mich nicht mehr mit den situativen Lösungen, die unsere Experten und Entscheider produzieren, befassen, weil mir das nur den Blick auf das Eigentliche verwässert.
Was meine ich mit dem Eigentlichen?
Wir befinden uns als Weltgemeinschaft, spätestens seit Corona in einem grossen Transformationsprozess, der sich durch den Klimawandel schon seit vielen Jahren angekündigt hat, aber von uns nicht wirklich ernst genommen wurde, was nur allzu menschlich ist.
Auch in unserem individuellen Leben lenken wir uns gerne ab, ignorieren wir Anzeichen, die auf eine bevorstehende Krise hindeuten. Sei es durch Probleme in der Beziehung, Krankheiten, die wir durch ungesunden Lebenswandel selbst hervorrufen etc.
Oft tendieren wir dazu die ersten Fingerzeige zu ignorieren und Ausreden zu erfinden, bis dann das Leben zuschlägt, die Partnerin uns verlässt, eine schwere Krankheit ausbricht oder ein Unfall uns aus dem gewohnten Leben reisst.
Wenn wir dann erkennen und zulassen, dass eine wesentliche Korrektur nötig ist, dann ist der Moment gekommen das die Transformation beginnen kann. Transformation bedeutet allerdings nicht nur etwas an der Oberfläche symptomhaft zu verändern, sondern an die Wurzeln zu gehen.
Transformationsprozesse laufen immer nach dem gleichen Muster ab.
Unser altes Verhalten hat zu einer Entgleisung geführt. Im wahrsten Sinne des Wortes geht es auf dieser gewohnten Schiene nicht mehr weiter. Ein neues Gleis ist noch nicht gelegt und es ist auch keineswegs klar, ob es überhaupt darum geht wieder ein Gleis zu legen.
Viel mehr werden wir hineingeworfen in einen Zustand der Ohnmacht, der Ratlosigkeit, gepaart mit dem Gefühl des Verloren seins. Oft geht das mit Emotionen von Wut, Aggression oder Sinnlosigkeit einher. Alles keine angenehmen Gefühle und doch der erste Schritt der Heilung. Das Kranke, Ungesunde, Unnatürliche soll sich ja verabschieden und gehen, aber weil es eben seine Zeit braucht bis etwas substanzielles Neues wächst, entsteht ein Niemandsland, eine Zeit der Orientierungslosigkeit, mit den eben erwähnten Zuständen.
Die Natur hilft uns das zu verstehen. Jedes Jahr im Herbst fallen die Blätter, verliert der Baum seine Kraftquelle, sterben Blumen und Pflanzen, um im Winter ins Nichts zu verfallen. Hätten die Bäume und Pflanzen sich ebenfalls von ihrer Natur abgespalten, wie wir Menschen, müssten sie jedes Mal in Angst und Panik verfallen und entsprechende Energien aussenden.
Was wir Menschen jedoch von außen beobachten können ist eine Unaufgeregtheit, die sich dem natürlichen Lauf überlässt und aus der Stille des Winters einen neuen Frühling aufkeimen lässt.
In der Ruhe des Winters sammelt sich der frische Keim, der zu neuem kraftvollen Leben auferstehen wird.
Was, wenn wir Menschen ebenfalls uns unserer Natur und der damit verbundenen Transformation anvertrauen würden?
Dann würden wir anerkennen, dass etwas altes Unlebendiges gehen muss. Wir würden uns dem Nichtwissen, der Dunkelheit, dem Nicht-Greifbaren des Winters überlassen, im Vertrauen darauf, dass sich in unserer Seelentiefe ein neuer Keim für neues Leben konstelliert.
Dieser Keim entsteht, erstens durch die Hingabe an das natürliche Prinzip von Stirb und Werde und zweitens durch Nicht-Tun. Durch ein angebunden sein an die Natur des Lebens, die immer wieder neues kreiiert und hervorbringt. Wenn wir uns in diesen Prozess nicht einmischen und ihn zulassen, passiert dies von ganz allein.
Dieses Vertrauen haben wir verloren.
Deshalb halten wir die Zeit des Winters nicht aus, mischen uns ein, geraten in Aktionismus, überdüngen die Böden, schreien nach Spritzen, die uns schützen sollen, weil wir verlernt haben unser Immunsystem fit zu halten und darauf zu vertrauen, dass unsere natürlichen Körper die Kraft besitzen gesund zu bleiben oder zu heilen.
Wir sind gefangen im dualistischen mechanistischen Weltbild, dass uns die Probleme eingebrockt hat und erhoffen uns nun die Lösung vom selben Weltbild. Wohin wird das wohl führen?
Corona zeigte uns in aller Deutlichkeit, dass jede Lösung, die aus unserem alten Weltbild entspringt ins Leere führt, was zu noch mehr Anstrengung und Aktionismus führt, was uns noch mehr ins Leere laufen lassen wird. Dabei werden wir immer hektischer, aufgeregter und verlieren unsere Mitte, unsere Natürlichkeit, unsere Kraft und Lebensfreude.
Warum das alles? Sollen wir bestraft werden?
Solche Kategorien kennt die Natur nicht. Sie kennt keine Wertung wie wir sie in unserem Weltbild erschaffen haben. Damit kennt sie auch keine Trennung, die wir künstlich erzeugt haben. Inzwischen sind wir komplett überzeugt davon, dass es keinen anderen und vollständigeren Blick auf die Welt gibt. Wir sind uns gewiß, dass unsere Wirklichkeit die einzig Wahre ist. Was, wenn wir uns getäuscht haben?
Wenn wir uns wieder mit unserer Natürlichkeit verbinden, uns dem anstehenden Transformationsprozess überlassen, werden sich Lösungen zeigen, Wege öffnen, die wir jetzt noch nicht einmal denken können.
Diese Lösungen werden zum Wohle der Menschheit sein, aller und nicht nur einiger Weniger. Sie werden zum Wohle der Natur und unseres Planeten sein und wir alle werden zufriedener, glücklicher und gesünder im Einklang mit unserer Erde leben.
Weil ich aufgrund meines eigenen Lebensweges, den vielen Häutungen und der jahrzehntelangen Begleitung von Menschen in ihrem Transformationsprozess eine Gewissheit in mir trage, dass es so kommen wird, wenn es uns Menschen gelingt, uns auf diese Transformation einzulassen, schaue ich inzwischen immer öfter auf das Eigentliche hinter all dem Getöse, dass das sterbende Alte verursacht.
Immer wenn mir das gelingt, werde ich ganz ruhig, gelassen, vertrauensvoll und manchmal voll Mitgefühl für diejenigen, die noch sehr im Kampf verstrickt sind, egal auf welcher Seite.
Ich wünsche Dir, der/ die Du das liest, den Mut Dich auf die Transformation einzulassen.
Stefan Wolff ist Männercoach und Begründer der „Manngeburt – eine moderne Initiation für Männer“
Mehr Infos auf https://www.adventure-in-yourself.de/seminare/manngeburt