Ruedi Mumenthaler | Thomas Feldmann | 06.06.2025
Am 21. Juni trafen sich acht Männer im AURUM/Baar zum Thema „Wenn Männer die Trauer trifft“ im Kontext der MNS Akademie (https://maenner-netzwerk-schweiz.ch/akademie/). Thomas Feldmann, Netzwerkpartner von MNS, führte durch den Workshop. Thomas ist ausgewiesener Fachmann in Trauer- und Sterbebegleitung und konnte aus einem reichen Erfahrungsschatz als Therapeut und Coach berichten (https://www.lebenstraining.ch). Er präsentierte Grundsätze und widerlegte verschiedene Irrtümer, die das Thema Trauer und speziell Trauer bei Männern betreffen.
Trauern ist die Lösung, nicht das Problem (Chris Paul)
Thomas hielt fest, dass Männer tendenziell anders trauern und dass dies zu grossen persönlichen Belastungen und zu Konflikten und Distanzierung in Beziehungen führen kann, wenn dies nicht bewusst gemacht und ausgesprochen wird. Männer kommen meist nicht wegen der Trauer in die Beratung, sondern wegen deren Auswirkungen, körperlichen Symptomen, Lebenskrisen und oft mit einem „Reparaturauftrag“, wieder funktionieren zu wollen. Verlusterfahrungen können deren Auslöser sein.
Mit dem „Kaleidoskop des Trauerns“ (Chris Paul) präsentierte Thomas ein sehr nützliches Modell. Es beschreibt Facetten des Trauerns, die in unterschiedlicher Reihenfolge und Intensität durchlebt werden. Eine wichtige Aussage gleich zu Beginn: am Anfang geht es meist ums Überleben nach dem Verlust. Entsprechend sind konkrete Unterstützungen im Alltag wichtig für die Trauernden. Und man soll nicht sagen, der Trauernde solle sich melden, wenn er was brauche. Dafür hat er in der Regel nicht die Kraft. Also lieber mit konkreter Unterstützung, z.B. einem vorbeigebrachten Essen, überraschen. Die Facetten lauten:
- Überleben, Funktionieren, den Alltag bewältigen nach dem Verlust
- Die Wirklichkeit des Todes und des Verlustes begreifen
- Den Trauerschmerz und die Vielfalt der Gefühle durchleben
- Anpassung an das Leben, in dem jemand fehlt
- Verbunden bleiben, Verstorbenen einen neuen Platz geben und sich dem Leben neu zuwenden
- Einordnen, Sinn und Bedeutung geben
Eine wichtige Erkenntnis war mit dem Thema „Verbunden bleiben“ verknüpft: den häufig gehörten Ratschlag, man müsse loslassen, bezeichnet Thomas als nicht hilfreich. Wir wollen einen geliebten Menschen nicht loslassen, sondern mit ihm verbunden bleiben. Es geht also darum, einen inneren und oft auch äusseren Ort zu finden, an dem man mit der verstorbenen Person weiter verbunden bleiben kann. Und es ist kein Fehler, sondern eine mögliche Überlebensstrategie, wenn mann sich intensiv der Arbeit widmet. Denn sie gibt uns Sicherheit und sorgt für das materielle Überleben. Arbeit kann helfen, weiter zu funktionieren und weiter mit dem Leben nach einem Verlust teilzunehmen. Die Kunst ist es, dies und die aktive Trauerarbeit zu kombinieren und Orte und Zeitinseln zu schaffen, an denen man sich dem Fühlen und dem Verbunden Sein widmen kann. Dies auch als Paar z.B. nach einem gemeinsamen Verlust eines Kindes.
Trauer ist der Preis, den wir dafür zahlen, Liebe zu empfinden (John Archer)
Zum Abschluss tauschten wir uns zu unseren eigenen Trauererfahrungen aus. Dazu diente der Fragenkatalog, den Thomas jeweils den Teilnehmenden in seinen Seminaren mitgibt, um mit Männern über ihre Trauer zu sprechen. Dabei konnten wir erkennen, dass wir selber sehr unterschiedliche Trauererfahrungen machen, je nach unserer Beziehung zur verstorbenen Person oder zur Art des Verlusts. Und manchmal schmerzt eine Trennung von der Partnerin sogar mehr als der Tod eines nahen Verwandten.
Wir sind uns in der Abschlussrunde einig, dass das Thema enorm wichtig ist. Dass es sich unbedingt lohnt, dass sich auch Männer intensiver mit ihren Gefühlen und mit der Trauer speziell befassen. Lasst uns darüber reden, lasst uns unsere Gefühle zeigen!
Nächster Anlass der MNS Akademie: Mittwoch, 17.9., 14.00-20.00 Uhr im Flörli/Olten: Einführung in das systemische Familienstellen mit Armin Müller und Hannes Hochuli
