Januar 26

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Neo-Matriarchaler Sexismus


Thomas Rüedi | 27.01.2025

 

Schon seit längerer Zeit beobachte ich eine Entwicklung, die mich – mit umgekehrten Vorzeichen – an die früheren Filme aus den 1960er – Jahre erinnern: Das Patriarchat ist ein ganz natürlicher Standard und die Frauen werden sexistisch als Besitz der Männer bzw. als brave, dem Mann unterwürfige Wesen im Haushalt, als Mütter und Frauen an der Seite ihrer Männer dargestellt. Solche Filme im TV-Retrobereich sind aus heutiger Perspektive für die meisten von uns – Frauen und Männer – unerträglich anzuschauen, und das ist gut so.
 
Eine neuere Entwicklung, die ich als leidenschaftlicher Krimi-Seher hauptsächlich auf den deutschsprachigen TV-Sendern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beobachte, geht in eine Richtung, wo nun Männer sexistisch abgewertet dargestellt werden. Die übliche Szenerie ist die Folgende: einerseits sind da die typischen, teilweise stark überzeichneten Looser-Profile der Männer als Täter („naturgemäss“ Männer = Täter) in den Krimis – welche dann gerade auch von den weiblichen Ermittlerinnen befragt und immer wieder beschämt werden; andererseits gibt es die Darstellung der durch ihre Mit-Komissarinnen und weiblichen Vorgesetzten dominierten und als zweitrangige Mitglieder eines Ermittler-Teams zur Schau gestellten Männer. Dieser Typ von Krimis ist hauptsächlich auf die bezüglich dem Geschlecht gemischt-besetzten Ermittlungsteams bei Kriminal-Filmen zu beobachten. 

Ich benenne diese Entwicklung als Neo-Matriarchat. 

Zu matriarchalen Strukturen – im Vergleich zum Umfang der Studien über das Patriarchat – in früheren, u.a. auch gerade Indigenen Kulturen gibt es noch vergleichsweise wenig Untersuchungen, die eine ausgewogene Bewertung von Vor- und Nachteilen für die Geschlechter erlauben würden.
Beim „Neo-Matriarchat“ scheint es sich, wie oben ansatzweise beschrieben, um ein neuzeitliches Konstrukt zu handeln, in dem Frauen ihre Dominanz und Überlegenheit gegenüber Männer als Tätern oder männlichen Teammitgliedern auslebend zur Schau stellen – für mich haben sie in dieser Form eine klar sexistische Konnotation.

Da diese Entwicklung bei vergleichsweise vielen Sendern im deutschsprachigen Raum zu beobachten ist, scheint es so, als ob hier absichtlich „orchestriert“ eine Art „Vergeltungs-Feldzug“ gegenüber dem Patriarchat bzw. der Unterdrückung der Frauen inszeniert würde, der von mehreren Sendern mitgetragen wird.
 
Man stelle sich in diesem Zusammenhang vor, dass heute ein TV-Film oder -Krimi ausgestrahlt würde, wo Frauen ähnlich dominiert und sexistisch dargestellt würden – ist heute nicht mehr denkbar, denn der Aufschrei auf der Seite der emanzipierten Frauen, aber auch bei vielen Männern wäre gross, oder ?
 
Also frage ich mich: wo bleibt im Kontext der Gleichstellung, des gegenseitigen Respektes und Ächtung von Sexismus generell der Aufschrei in einer ähnlicher Tonlage im Zusammenhang mit Männern ? Ich stelle diesbezüglich eine bemerkenswerte und auch besorgniserregende Akzeptanz, ungute Toleranz oder Ignoranz innerhalb unserer Gesellschaft fest … was wohl kaum in Offenheit für dieses Thema – generell und für beide Geschlechter – zum Ziel einer respektvollen Gleichstellung in der heutigen Gesellschaft führen wird.

Der Krimi mit Frauen und Männern als Ermittler*innen auf achtsamer und geschlechts-differenzierter Augenhöhe ist jedenfalls in meiner Auswahl von Sendungen extrem selten anzutreffen.

Mehr zu Thomas Rüedi:

Links:

Buch: Thomas Rüedi; „Ganz und Gar Mann Sein – Eine elementare Reise ins Mann-sein – auch für hochsensible Männer“; Verlagslabel: Swiss Holistic Institute 2023 (Update); ISBN Taschenbuch: 978-3-347-01005-5; ISBN Hardcover: 978-3-347-01006-2; ISBN e-Book: 978-3-347-01007-9

 

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  1. Heute wird zunehmend bestritten, dass den patriarchalen Gesellschaftsordnungen "wissenschaftlich belegbar" matriarchale vorangegangen sind. Damit versuchen feministische Kreise das Matriarchat als eine neue Lösung darzustellen und die dunkle Zeit der matriarchalen Vorherrschaft in der Geschichte auszulöschen.

    Die Lebenserwartung der Menschen war aber vor der Zeit der Nutztierhaltung sowie des Ackerbaus naturgemäss sehr tief. Somit war die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter gering. Bedingt durch die hohe Sterblichkeit bei der Geburt, von Müttern sowie Babys, und der hohen Kindersterblichkeit, kam als logische Konsequenz den gebärfähigen Frauen eine zentrale Bedeutung für den Fortbestand einer Sippe zu. Diese Rahmenbedingungen in der Evolution führten zu einer Verehrung dieser Frauen und entsprechend zu matriarchalen Stammesordnungen. Die Rahmenbedingungen für ein Patriarchat waren noch nicht vorhanden.

    Durch die fortschreitende Zivilisation verlor die zentrale Rolle der gebärfähigen Frauen aber an Bedeutung. Einzelne Frauen waren für den Fortbestand einer Gemeinschaft nicht mehr unabdingbar. Aufgrund dieser Verschiebung war die Voraussetzung geschaffen, dass die physisch stärkeren Männer sich nun zunehmend verbünden statt bekämpfen konnten. Folglich konnten sie nun die Frauen unterdrücken und patriarchale Gesellschaftsordnungen bilden.

    In der vorangehenden matriarchalen Gesellschaftsordnung war aber kaum die gegenseitige Wertschätzung prägend. Vielmehr ist davon auszugehen, dass nur die stärksten Männer, welche in der Lage waren, um die dominanten gebärfähigen Frauen zu buhlen, sich fortpflanzen konnten.

    Dementsprechend ist die Unterdrückung der Frauen in den patriarchalen Gesellschaftsordnungen primär als eine Gegenreaktion auf die vorangehende Unterdrückung der Männer zu interpretieren. Das Matriarchat herrschte während einer deutlich längeren Epoche vor als das Patriarchat. Das Patriarchat ist eine entsprechende Gegenreaktion und somit primär als ein Ablösungsprozess vom Matriarchat zu betrachten. Ablösungsprozesse, die nicht vollständig abgeschlossen werden, führen aber zu einer mangelnden Reife.

    Bezeichnenderweise sind heute die Länder im deutschsprachigen Raum auch rückständiger bei der Anerkennung der Rechte der Männer auf Beziehungszeit zu den gemeinsamen Kindern. Während im gesamten Europäischen Raum bereits Frauen in die Schranken gewiesen werden, wenn sie bei einer Trennung/Scheidung den Männern die Kinder vorenthalten, ist dies im deutschsprachigen Raum immer noch nicht möglich. Auch der Feminismus unterscheidet sich im deutschen Raum von anderen Teilen Europas. Die Frauen haben hier ein ausgeprägteres Selbstverständnis von Privilegien, welche ihnen zustünden aufgrund des Geschlechtes. Dementsprechend ist in diesen Länder auch der Anteil an Männern, welche Partnerinnen aus dem nicht-deutschsprachigen Raum bevorzugen sehr hoch. Dies sind meist Männer, welche sich nicht permanent dominieren lassen wollen. Somit handelt es sich aber keineswegs zwangsläufig um Männer, welche sich die Frauen unterwerfen möchten. Vielmehr sehnt sich der überwiegende Teil dieser Männer meist nach einer gemeinsame Bestimmung auf Augenhöhe in der Beziehung.

    Die Ursache für diese Unterschiede dürfte darin liegen, dass unter den Germanen noch deutlich länger, matriarchal stärker geprägte Gesellschaftsstrukturen vorherrschten, als dies im Süden von Europa, unter dem Einfluss der patriarchal geprägten griechischen und römischen Reiche der Fall war.
    Eine reife Form der Ablösung vom Patriarchat bedingt eine Entwicklung hin zu gleichberechtigten Gesellschaftsstrukturen, welche die Verschiedenheit der Geschlechter würdigt und die Verantwortung angemessen unter diesen aufteilt.

    Zentral für diese Entwicklung ist, dass wir Männer im häuslichen Bereich gleiche Grundrechte, im Familien- und Strafrecht, für uns einfordern, genauso wie die Frauen dies im Arbeitsrecht für sich bereits vollbracht haben. Dazu gehört auch mehr Wertschätzung und Anerkennung für unsere Leistungen als kompetente Männer in der Kinderbetreuung und Erziehung, welche weit hinter der Anerkennung der Frauen als fähige Führungskräfte und Fachspezialisten in der Arbeitswelt hinterherhinkt. Stellen wir uns diesem Kampf nicht, schreitet die Entwicklung hin zu einer matriarchalen Gesellschaft weiter voran, denn die Voraussetzungen dafür wurden auf der Gesetzesebene bereits geschaffen.

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