November 29

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No More Drama: Teil 2 – Transformation des Drama-Dreiecks


Patrick Pierer & Niculin Parli | 29.11.2024

Im ersten Teil haben wir die Dynamiken des Drama-Dreiecks – Täter, Opfer und Retter – erkannt und verstanden, wie sie als Muster wirken können, die uns in belastende Situationen führen. Doch was, wenn diese Rollen nicht nur destruktiv sind? Was, wenn in ihnen auch Potenziale und Ressourcen verborgen liegen?

Unsere Erkenntnisse zeigen: Es geht nicht darum, das Drama-Dreieck zu „verlassen“, sondern die Rollen zu transformieren. Denn in jeder dieser Rollen steckt eine gesunde, heilsame Kraft, die uns Wachstum, Verbindung und Heilung ermöglicht.

Die Perspektiven, die uns zu dieser Erkenntnis geführt haben

Mehrere Modelle und Ansätze helfen uns, die Vielschichtigkeit des Drama-Dreiecks zu verstehen:

  1. Traumatherapie (NARM, Somatic Experiencing©):
    Trauma führt zu Überlebensreaktionen wie Kampf, Flucht, Erstarrung und Unterordnung. Diese Reaktionen spiegeln sich in den Rollen des Drama-Dreiecks wider.

  2. Polyvagal-Theorie (Stephen Porges):
    Unser Nervensystem reagiert auf Sicherheit und Bedrohung. In einem Zustand von Sicherheit können wir heilsame Rollen leben; in einem Zustand von Bedrohung fallen wir in Überlebensstrategien zurück.

  3. Systemische Arbeit:
    Die Rollen im Drama-Dreieck haben ihre Entsprechungen in gesunden Archetypen:

    • Täter → Schützer (Vaterrolle)
    • Retter → Fürsorge (Mutterrolle)
    • Opfer → Selbstermächtigung (Kindrolle)
  4. Bindungstheorie:
    Sichere Bindung schafft die Grundlage für die Transformation von Überlebensreaktionen in gesunde Rollen.

Diese Perspektiven zeigen uns, dass das Drama-Dreieck nicht nur ein Gefängnis ist, sondern auch ein Raum für Potenzial und Entwicklung.

Transformation der Rollen: Von Überleben zu Heilung

1. Der Täter: Vom Kämpfer zum Schützer

  • Überlebensreaktion: Kampf – Wut, Kontrolle.
  • Gesundes Potenzial: Schutz, Verantwortung und Stärke.
  • Transformation: Durch Mitgefühl für sich selbst und andere wird der Täter zum Schützer, der Halt gibt und Grenzen wahrt.

2. Das Opfer: Vom Hilflosen zum Selbstermächtigten

  • Überlebensreaktion: Erstarrung – Ohnmacht, Abhängigkeit.
  • Gesundes Potenzial: Vertrauen, Authentizität und Offenheit.
  • Transformation: Durch Bestärkung und Selbstvertrauen wird das Opfer zum Kind im Vertrauen, das Verantwortung übernimmt und Verbindung sucht.

3. Der Retter: Vom Helfer zur Fürsorge

  • Überlebensreaktion: Flucht – Selbstaufopferung, Vermeidung eigener Gefühle.
  • Gesundes Potenzial: Fürsorge, Klarheit und Unterstützung.
  • Transformation: Durch Ehrlichkeit und Abgrenzung wird der Retter zur fürsorglichen Mutterfigur, die echte Hilfe leistet, ohne sich selbst zu verlieren.

Der grüne Punkt: Präsenz und Regulation

Das Ziel dieser Transformation ist ein Zustand, den wir als „grünen Punkt“ bezeichnen:

  • Präsenz: Du bist im Hier und Jetzt.
  • Regulation: Dein Nervensystem ist sicher und ausgeglichen.
  • Handlungsfähigkeit: Du kannst bewusst entscheiden, statt automatisch zu reagieren.

Dieser Zustand ist dynamisch und erfordert Übung. Methoden aus der Traumatherapie, Körperarbeit und somatischen Ansätzen können helfen, diesen Zustand immer wieder herzustellen.

Alles ist Liebe: Angst und Überleben transformieren

Die vielleicht tiefste Erkenntnis ist, dass Angst und Liebe zwei Seiten derselben Kraft sind. Unsere Überlebensreaktionen entstehen aus einem Bedürfnis nach Schutz – einer Form der Liebe zu uns selbst. Wenn wir diese Energie anerkennen und sicher integrieren, wird daraus die Kraft zu heilen, zu verbinden und zu wachsen.

Fazit: Ein neues Miteinander

Die Transformation des Drama-Dreiecks führt zu einem neuen Gleichgewicht:

  • Ich: Verbindung zu den eigenen Grenzen und Bedürfnissen (Schützer).
  • Du: Vertrauen und Authentizität (Kind im Vertrauen).
  • Wir: Klarheit und Mitgefühl (Fürsorgende Mutterfigur).

Indem wir diese Transformation selbst durchleben, können wir auch anderen helfen, ihre Rollen zu erkennen und zu heilen. Der Weg führt nicht weg vom Drama-Dreieck, sondern durch seine Dynamiken hindurch – hin zu mehr Verbindung, Heilung und Liebe.

No More Drama?

Ja, wenn wir bereit sind, die Ressourcen in uns zu erkennen, die Wurzeln unserer Überlebensstrategien zu verstehen und den Mut haben, ein Leben in echter Verbindung zu führen.

Patrick Pierer ist Schulleiter, Coach, Berater und Therapeut: https://patrickpierer.ch/

Niculin Parli ist Sekundarlehrer, Nervensystemforscher und Therapeut nach Somatic Experiencing© in Ausbildung

 

 

 

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